Sonntag, 10. November 2013

Hohe Dünen und wilder Strand

Ja, dann ist es los gegangen. Viele Kilometer mit dem Landrover direkt am Strand entlang, dann wieder in ein Dünengebiet hinein, die kleinen Lencois, ohne sichtbare Wege. Ab und zu erkenne ich Tracks, die Paulo, mein Guide und Pilot, schon längst entdeckt hat.

Die kleinen Lencois sind allerdings Dünen, wie ich sie im Verlauf der nächsten drei Tage noch öfter zu sehen bekomme. Paulo ist dann nicht zu bremsen und erklimmt mit seinem Allradfahrzeug und staunenswertem Können Düne um Düne, um danach über den Seitenkamm (da ist der Sand fester) wieder in die nächste Senke abzutauchen.

Vor lauter Begeisterung vergesse ich beinahe das Fotografieren, erst bei einer Pause hole ich meine große Nikon aus dem Rucksack. Von der Hitze merkt man am Ozean entlang nicht besonders viel, aber das ist tückisch, denn die Sonne brennt wie eben am Äquator, und die trockene Luft über dem Sand lässt jeden Schweiß sofort verdunsten. Man merkt also nicht einmal, dass man schwitzt. Umso mehr gehört die Hand an die Wasserflasche.

Als wir wieder auf befestigte Straßen kommen, muss erst einmal der Druck in den Reifen erhöht werden auf normales Maß. Dann geht es durch die Küstenlandschaft immer weiter ostwärts. Wir durchfahren Fischerdörfer und kleine Orte, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Flüsse dienen zum Waschen der Wäsche ebenso wie der neuen Autos...

Dieser mehrere hundert Kilometer lange Küstenabschnitt am Atlantik liegt nahezu waagerecht zu den Breitengeraden, genauer zum 2. Grad südlicher Breite. Erst hinter Jericoacoara biegt die Küste Richtung Süden ab, um dann viele Hundert Kilometer weiter um Natal herum richtig nach Süden abzuschwenken. Dieser Küstenverlauf wird noch eine besondere Bedeutung gewinnen.

Bisweilen verschwindet auch die Landstraße unter einer mächtigen Wanderdüne. So erreichen wir nach einer Unmenge neuer Eindrücke das Etappenziel Parnaiba. Eine Pousada mit Dusche und Swimmingpool bietet einen entspannten Abend.


Anderntags geht es weiter, stundenlang direkt an der Wasserkante des Atlantik entlang. Gelegentlich zwingen Flüsse oder ein Mangrovensumpf zu einem Umweg über Land.

Dann gibt es wieder einen Abstecher in ein Dünengebiet, um vielleicht wilde Ziegen und Esel (!) zu entdecken und eine schöne Aussicht zu haben. Ich fotografiere heute sehr eifrig mit wechselnden Einstellungen aus dem fahrenden Auto heraus. Es liegt eine lange Strecke vor uns, so dass nur gelegentlich angehalten wird. Chaval (siehe weiter unten) ist sehr schön, hat aber Zeit gekostet.



Dicht hinter den Dünen beginnen Cashew-Plantagen, denn dies ist "cashew-land". Es sind kleinere Anwesen, nur durch Sandpisten erreichbar und verbunden. Elektrizität gibt es hier überall.







Dann geht es wieder an den Strand, und das Auto jagt über den festen Untergrund mit den anrollenden Wellen um die Wette.








Wenig später gibt es wieder hohe Dünen, die im Licht des Nachmittages ihre besondere Leuchtkraft entfalten.

Wir haben über Mittag einen Abstecher gemacht in das nahe der Küste gelegene Felsengebiet von Chaval. Hier ragen urtümliche "Rocks" aus dem Sandboden, wie von Riesen hin geworfen. Sie scheinen vulkanischen Ursprungs zu sein und erinnern mich an manche solche Granit-Formationen in Australien ("devil marbles"). Nur hier sind sie noch völlig unbeachtet. Eine örtliche Inititiative macht sich nun unter Führung einer energischen jungen Frau daran, das zu ändern. Chaval soll ein touristischer Spot werden. Er hat das Zeug dazu. Wir steigen unter kundiger Führung auf einen der hohen Felsen, was in der mittäglichen Glut doch einige Anstrengung kostet, und genießen von oben einen herrlichen Blick auf die felsige Dünenlandschaft. Paulo sollte seinem Reiseveranstalter diese Lokalität als lohnendes Ziel ans Herz legen. Ich befand mich also plötzlich in der Rolle des "Muster-Touristen". Wir wurden köstlich bewirtet und überall herum geführt. Es war eine sehr interessante Begegnung und Besichtigung. Diese Felsen haben es in sich! Ich habe von Chaval ein extra Webalbum eingerichtet, dafür HIER klicken.

Durch die Dünen zurück am Strand stehen uns noch einige Abenteuer bevor. Einige Flussmündungen bzw. Buchten lassen sich mit einer Fähre überqueren. Fähren sehen allerdings dort im wilden Nordosten Brasiliens auch ebenso wild aus - aber seht selbst: Es funktioniert, teilweise sogar nur mit Muskelkraft!
Allmählich nähern wir uns dem Tagesziel: Jericoacoara. Über diesen wunderbaren Ort schreibe ich noch einen extra Beitrag. Die letzten 50 km geht es stracks am Strand lang. Immer öfter begegnen uns andere Fahrzeige und vor allem Motorräder. Der Strand ist die beste Verbindung von Ort zu Ort.
Und immer wieder diese Dünen, diese Weite, dieser endlose Strand!

Endlich kommt die Halbinsel in Sicht, an der Jericoacoara liegt. Der Ort, so viel sei hier schon gesagt, ist nur über Sandpisten erreichbar. An seinem Rande liegt ein Dünengebiete, dessen letzte Düne vor dem Ortseingang direkt zum Atlantik abfällt. An diese Düne gelangen wir zum Sonnenuntergang - just in time! Die Besucher von Jericoacoara strömen auf die Düne, um das abendliche Schauspiel des Sonnenunterganges zu erleben.
Diesmal bleibt der Landrover unten, und ich steige zu Fuß auf diese letzte Düne. Oben erstreckt sich ein Plateau, auf dem man andächtig das Sinken der Sonne beaobachtet. Aber zwei rollende Kioske (im tiefen Sand!) mit Süßigkeiten, Bier und Caipirinha fehlen nicht.

Das wirklich Besondere hier auf der Düne in Jericoacoara ist dies: Man kann die Sonne an der "Ostküste" Brasiliens richtig im Atlantik untergehen sehen. Es ist hier eben eine Nordküste, und der kleine Ort liegt vorgeschoben auf einer Halbinsel. So kann man hier beides erleben: den Aufstieg der Sonne aus dem Atlantik - und den Untergang wieder im Atlantik ... einmalig! So neigt sich ein unglaublich schöner, abenteuerlicher Tag seinem Ende zu. Es war, es ist eine Wahnsinns - Tour!

Eine Unmenge Bilder, die man am besten als Diashow betrachten kann, sind hier im Webalbum verfügbar. Die Eindrücke sind noch ungleich vielfältiger und faszinierender gewesen.


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